Abstimmungsumfrage: Breite Zustimmung zum Diskriminierungsverbot – Mieter-Initiative im Nein-Trend

Noch 48 Prozent der Stimmberechtigten unterstützen die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen». Die Initianten verlieren damit deutlich an Boden. Bei der letzten Umfragewelle konnten sie noch auf 60 Prozent Zustimmung zählen. Mit einem Sieg können die Befürworter des Verbots der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung rechnen. 69 Prozent wollen ein Ja in die Urne legen, wie die 3. Welle der 20-Minuten-/Tamedia-Abstimmungsumfrage zeigt.

Zürich, 29. Januar 2020 – 20 Minuten und Tamedia haben auf ihren Newsportalen die dritte Welle der titelübergreifenden Umfrage im Vorfeld der eidgenössischen Abstimmung vom 9. Februar 2020 durchgeführt. 11’311 Personen aus der ganzen Schweiz haben vom 23. bis am 25. Januar 2020 online an der Umfrage teilgenommen. Der Fehlerbereich liegt bei 1,6 Prozentpunkten.  

 

Keine Mehrheit mehr für Mieterverbands-Initiative
Nachdem der Mieterverband mit seiner Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» in der 1. Welle (63 Prozent Ja-Anteil) wie auch in der 2. Welle (60 Prozent Ja-Anteil) in Führung lag, hat sich der Wind zwei Wochen vor der Abstimmung gedreht: Nur noch eine Minderheit von 48 Prozent der Stimmberechtigten will sicher oder eher ein Ja einlegen. Ein Prozent macht keine Angabe zur Stimmabsicht.

Gross sind die Vorbehalte gegen die Initiative, die den gemeinnützigen Wohnraum fördern will, im bürgerlichen Lager. 78 Prozent der FDP-Wählenden sagen Nein oder eher Nein (+17 Prozentpunkte im Vergleich zur 2. Welle), bei den SVP-Anhängern sind es 69 Prozent und bei denen der CVP 62 Prozent (+19 Prozentpunkte). Auch bei den GLP-Wählenden gibt es keine Mehrheit: 61 Prozent wollen ein Nein oder eher Nein einlegen (+30 Prozentpunkte). Zuspruch findet die Initiative noch bei den SP-Wählenden (85 Prozent Ja-Anteil) und bei den Anhängerinnen und Anhängern der Grünen (79 Prozent Ja-Anteil).

Die am häufigsten genannten Argumente gegen die Initiative sind, dass der Bund nicht in die Marktwirtschaft eingreifen solle (35 Prozent), sowie dass es bereits genügend bezahlbaren Wohnraum gebe (21 Prozent). Die Zuwachsraten bei den bürgerlich Wählenden zeigen, dass diese Argumente offenbar mobilisieren konnten. Die Befürworter erwähnen dagegen, dass die Initiative nur das umsetze, was schon in der Verfassung stehe (49 Prozent), sowie dass der gemeinnützige Wohnungsbau zu teure Wohnungen verunmögliche (33 Prozent). 

 

Diskriminierungsverbot auf Kurs
Stabil ist die hohe Zustimmung zum Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. In der 3. Welle sagen 69 Prozent der Stimmberechtigten Ja oder eher Ja zu einer Ausweitung der Rassismusstrafnorm auf die Diskriminierung der sexuellen Orientierung. Zwei Prozent machten keine Angabe zur Stimmabsicht. Bei der 2. Welle waren es 65 Prozent Zustimmung.

Bei den Befürworterinnen und Befürwortern ist das meistgenannte Argument, dass gerade in Zeiten von Hate-Speech im Netz eine Anpassung nötig sei und niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden solle (78 Prozent). Dagegen führen die Gegner am häufigsten ins Feld, Diskriminierung sei heute schon geächtet, ein Gesetz sei deshalb unnötig (27 Prozent).

Ein Graben tut sich zwischen den Geschlechtern auf: Während Frauen zu 76 Prozent Ja oder eher Ja einlegen wollen, sind die Männer zurückhaltender: Hier sind es nur 63 Prozent, die sich sicher oder eher für das neue Gesetz aussprechen. 

Eine Aufschlüsselung nach Parteien zeigt, dass es einzig bei SVP-Wählenden keine Mehrheit zum Gesetz gibt. 60 Prozent dieser Gruppe wollen Nein oder eher Nein einlegen. Deren Jungpartei hatte zusammen mit der EDU das Referendum ergriffen. Bei den restlichen Parteien zeichnet sich eine grosse Zustimmung ab, bei SP-Wählenden sind es gar 92 Prozent, die Ja oder eher Ja stimmen wollen.

 

Erstmals durchgeführte Prognose
Zum ersten Mal wird in der 3. Umfragewelle eine Modellschätzung über den erwarteten Ausgang der Abstimmung ausgewiesen, also eine Vorhersage, nicht eine Momentaufnahme. Die Modelle beruhen auf historischen Daten von vergangenen Abstimmungen sowie allen drei Umfragewellen der aktuellen Abstimmungen. Die Modelle schätzen den erwarteten Ja-Stimmenanteil sowie die Annahmewahrscheinlichkeit. 

Gemäss den Modellen ist der erwartete Ja-Stimmenanteil der Initiative für bezahlbaren Wohnraum bei 42 Prozent – mit einem statistischen Unsicherheitsintervall von ±23 Prozentpunkten. Entsprechend ist die statistische Unsicherheit zu diesem erwarteten Ja-Stimmenanteil sehr hoch. Die Annahmewahrscheinlichkeit der Initiative liegt bei 23 Prozent. Das bedeutet, dass die Vorlage in etwa einem von vier Fällen angenommen wird. Beim Referendum gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist der erwartete Ja-Stimmenanteil bei 69 Prozent (±13 Prozentpunkte) und die Annahmewahrscheinlichkeit bei 99 Prozent.

 

Umfassende Abstimmungsumfragen
Die 20-Minuten-/Tamedia-Abstimmungsumfragen werden in Zusammenarbeit mit LeeWas durchgeführt. Sie modellieren die Umfragedaten nach demografischen, geografischen und politischen Variablen. Die Resultate werden jeweils umgehend ausgewertet, damit die Tageszeitungen und Newsplattformen von 20 Minuten und Tamedia schweizweit rasch und fundiert darüber berichten können. Weitere Informationen und der detaillierte Bericht zur Umfrage sind unter tamedia.ch/umfragen abrufbar.

 

Beteiligte Medien
Deutschschweiz: 20 Minuten, BZ Berner Zeitung, Der Bund, Tages-Anzeiger, Basler Zeitung SonntagsZeitung und ZRZ Zürcher Regionalzeitungen; Romandie: 20 minutes, 24 heures, Tribune de Genève und Le Matin/Le Matin Dimanche; Tessin: 20 minuti